Donnerstag, 10. Oktober 2013

Drittes Bürgerbegehren - Die nächste Sau durchs Dorf?

Ich will hier fürs erste nur eines zum Thema Bürgerbegehren anmerken: Zurzeit finden unter Leitung von Frau Staatsrätin Erler „interfraktionelle“ Verhandlungen im Landtag statt über eine Neugestaltung des Volksabstimmungsrechts im Ländle. Darüber habe ich bisher nur aus der Presse erfahren. Da vermisse ich viel, viel mehr eine Initiative des Juristen von Loeper, die auf unsere Beteiligung an den bisher trotz aller Transparenzversprechen hinter den Kulissen des Parlaments  geführten Diskussionen abzielt. Jedenfalls habe ich von einer solchen Initiative bisher nichts gehört. Bei uns gilt für alle Volksabstimmungen ein Ja-Stimmen-Quorum von 33,3 %  aller Abstimmungsberechtigten und bei kommunalen Abstimmungen von 25 Prozent. In Bayern funktioniert das Ganze bei „einfachen Gesetzen“ auch ohne jedes Quorum.
Außerdem wird auch darüber verhandelt, zu welchen Themen direktdemokratische Abstimmungen zugelassen werden sollen.  Wir haben intensive Erfahrungen mit einer VA, also auch Sachkompetenz. Warum stehen wir da nicht auf der Matte? Gerade in einer solchen Auseinandersetzung könnten wir, selbst als bloße Zaungäste,  die demokratische Spreu vom Weizen trennen. Die Antwort, warum so etwas bei uns nicht läuft,  ist einfach. Der Rechtsprofessor Wolfgang Däubler hat sie auf der vorletzten Montagsdemo gegeben: Dem Protest gegen S21 fehle die Sicht auf die ganze Gesellschaft. (Nachzulesen in dem wirklich lesenswerten Situationspanorama von Johanna Henkel Waidhofer in Kontext Wochenzeitung vom 02.10.2013 unter der Überschrift „Frust essen Vertrauen“).
 
Eisenhart von Loeper und Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis wollen also trotzdem ein Drittes Bürgerbegehren. Seit ich davon erfuhr, wurde ich das Gefühl nicht mehr los, da soll letztlich nur wieder einmal  eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden. Die letzte hörte auf den Namen negative Feststellungsklage. Ich möchte davor warnen, wie ich auch schon vor dem m. E. mangelnden Realismus der Aktion Feststellungsklage  gewarnt habe.
Ich werde in meinem nächsten ins Netz gestellten Statement mit der Überschrift „Begnadigen wir Kretschmann für den Wahlbetrug“ oder ähnlich noch näher auf die politische Gesamthematik (Wer ist unser Hauptgegner, die Grünen oder die SPD?) eingehen. Eisenhart von Loeper hat mir auf meine Kritik schriftlich geantwortet (nachzulesen samt meiner Antwort auf meinem Blog).  Noch einmal Danke! Er war sich also wenigstens nicht zu schade für den Versuch einer Erwiderung. Außer ihm gab es jedoch nicht einen einzigen, weder positiv noch negativ, der sich die Mühe gemacht hätte. Aber auf mein eigentliches Thema, wer ist der Hauptgegner, ist auch Eisenhart  mit keinem Wort eingegangen.  Seht Ihr Euch alle überfordert von einer solchen Fragestellung, oder findet Ihr sie so abwegig, dass Ihr meint, einfach weghören zu dürfen?
 
Kopf hoch und Blick weit!
 
Reinhart Vowinckel

Lieber Eisenhart von Loeper, lieber Werner Sauerborn!

Lieber Eisenhart von Loeper, lieber Werner Sauerborn!
 
Der Blogger Zwuckelmann hat mit seinen Anmerkungen zu undemokratischen Strukturen unserer Protestbewegung den Anstoß zu einer breiten Debatte über unseren Begriff von Demokratie gegeben. Mit Ihrer Stellungnahme vom 08. Juli 2013 haben Sie darauf geantwortet und Zwuckelmann im Wesentlichen widersprochen. Auch ich arbeite gegenwärtig an der Ausarbeitung eines Statements zum Thema Demokratisierung der Bewegung, dessen erster Teil im Laufe der nächsten Woche erscheinen soll. In diesem Statement wird auch der erste Absatz Ihrer Stellungnahme zur Strukturkritik Zwuckelmanns eine Rolle spielen. Er lautet:
Deine Sorge am Ende des Textes, man könnte Dir den Vorwurf eines Spaltungsversuchs machen, ist unbegründet. So wie Du Deine Kritik äußerst, kann man gut damit umgehen. Das hat nichts von dem notorischen Brunnenvergiften einiger anderer.“
Ich will in dieser Mail nur einen Aspekt dieses Diktums vorab aufgreifen. Demnach gibt es also Ihrer Ansicht nach in unserer Bewegung notorische Brunnenvergifter. Oder verstehe ich Sie  falsch?
Sicher wissen auch Sie als gebildete Zeitgenossen, dass der Begriff der Brunnenvergiftung historisch äußerst belastet ist. Geprägt wurde er während einer großen Pest im Mittelalter von christlicher Seite. Die „Andersgläubigen“ (Gemeint waren die Juden.) sollten als die „Bösen“, als Verschwörer gegen die „Guten“, die Christenheit, als die angeblichen Verursacher der Pest durch die Verseuchung der Brunnen  hingestellt werden, um sie  zu isolieren. Das diente der Durchführung der folgenden ersten Judenpogrome. Das historische Muster wiederholte sich  dann im russischen Zarenreich sowie während der Nazidiktatur.
Zwuckelmann  wollte offensichtlich mit seiner im Wesentlichen fundierten Kritik an bestehenden Organisationsstrukturen wie auch des Aktionsbündnisses unserer Protestbewegung gegen S21 einen Anstoß geben für einen demokratischen Diskurs über die Möglichkeiten einer Überwindung autoritärer Strukturen.
Der könnte jedoch durch unbedachte Statements wie m. E. das Ihre auch von vornherein vergiftet werden. Wir dürfen kritisieren, auch einmal hart und emotional, wir sollten Andersdenkende jedoch nie dämonisieren und verteufeln.
Ich schlage deshalb vor, dass Sie sich noch einmal ein paar Gedanken zu Spielregeln eines demokratischen Diskurses und einer demokratischen Politik machen und sich gegebenenfalls von Ihrer oben zitierten Wortwahl distanzieren. Bedenken Sie auch, der von Ihnen erhobene Stein mit der Aufschrift „Brunnenvergiftung“ könnte auch auf Sie selbst zurückfallen.
Wenn Sie jedoch zu Ihrer Behauptung von Brunnenvergiftung stehen, sollten Sie auch Ross und Reiter nennen, wen Sie mit den Brunnenvergiftern meinen, damit die Protestbewegung sich gegebenenfalls vor ihnen schützen kann.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Reinhart Vowinckel